Semuc Champey: Abenteuer im Herzen Guatemalas

 

Mit vollem Marschgepäck

Nach zwei Wochen im Paradies ist es Zeit, wieder zu neuen Abenteuern aufzubrechen. Als ich mit Aldo nach Lanquin und Semuc Champey, mitten im zentralen Bergland Guatemalas, aufbreche, ahne ich jedoch nicht wie abenteuerlich die nächsten Tage tatsächlich werden.

So fruchtbar wie schwer zu bewirtschaften

Die Region, in die ich reise ist bekannt für seine einzigartigen, türkisblauen Flusskaskaden, die sich durch die üppigen grasgrünen Berge schlängeln. Da es sich um eine der Top-Touristenattraktionen des Landes handelt, erwarte ich eine komfortable Fahrt. Der Start auf dem Highway ist tatsächlich vergleichsweise harmlos, mit Verspätung steigen wir nachmittags um drei in einen Minibus um. Wir sind die einzigen Fahrgäste und langsam schrauben wir uns tief ins „Baja Verapaz“, das zentrale Hochland Guatemalas. Die Straße wird immer enger und holpriger und ist nur mit Vierradantrieb zu bewältigen.

Gerüttelt, nicht gerührt!

Gerüttelt, nicht gerührt!

Mit Einbruch der Dunkelheit kann ich nur noch ahnen, welche grandiosen Ausblicke und Abgründe ich verpasse. Vielleicht ist das auch besser so, denn als wir um eine Kurve biegen, kommt uns ein Lastwagen entgegen und wir müssen uns rückwärts im Dunkeln den Weg bahnen. Im Stillen Frage ich mich, wo genau wir passieren können, denn ich habe meilenweit keine Einbuchtung gesehen. Doch nach etwa 200 Meter Schlangenlinien rückwärts und bergab, schaffen es die Fahrer auf wundersame Weise aneinander vorbeizukommen. Seit unserem letzten Stopp an einer Tankstelle registriere ich, dass der Beifahrer („Ayudante“) eine Bierdose nach der anderen öffnet, das Tempo steigert er kontinuierlich und quittiert seinen Job schließlich mit einem „Voy a dormir“, klettert in den hinteren Teil des Busses und schlummert unverzüglich ein. Als wir Lanquin erreichen, ist er kaum wachzurütteln und wankt mit den Dorfjungs im Arm zu seiner Unterkunft. Für uns ist die Reise jedoch noch nicht zu Ende, wir fahren auf der Ladefläche eines Pickups noch eine weitere Stunde unserem Hostel entgegen. Dabei rutschen und holpern wir gemeinsam mit einigen Kisten und unseren Rucksäcken mit jedem An- und Abstieg vom vorderen zum hinteren Ende der Ladefläche.

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Herrlicher Ausblick in Semuc Champey

Der Ausflug zum Fluß erfordert einiges an Fitness, denn natürlich wollen wir uns den Ausblick vom Mirador auf die Pools nicht entgehen lassen. Das Wetter lässt sich nicht lumpen, strahlender Sonnenschein und etwa 35 Grad lassen die Vorfreude auf ein Bad in den Pools wachsen. Sowohl der Ausblick, als auch das Bad in den himmelblauen Pools, inklusive einer kleinen Fußpflege durch hungrige Fischlein, lohnen die Mühen!

Abends im Hostel treffe ich auf Mike, der mir erzählt, dass er auf der anderen Seite des Flusses ein neues Hostel aufbaut. Spontan entschließe ich mich zu einem Volunteer-Einsatz. Und hier bin ich nun. Nach einem einstündigen Fußmarsch mit vollem Gepäck über schmale Lehmpfade und steile Berge, vorbei an abgelegenen Maya-Hütten, erreiche ich das Camp. Mehr ist hier tatsächlich noch nicht. Es gibt kein fließendes Wasser und keinen Strom, ein paar Zelte sind am Berghang aufgebaut und einige Arbeiter haben begonnen, die Holzkonstruktion für den späteren Gemeinschaftsbereich zu bauen. Ein paar Planen schützen vor Regen und Sonne. Das Grundstück liegt an einem kleinen Bach und nahe einem Wasserfall, in dem wir erstmal baden gehen. Eine herrliche Erfrischung nach den Strapazen. Zu tun gibt es im Moment eigentlich nichts, also holen wir Trinkwasser aus der nahegelegenen Quelle, das wir mittels eines Tontopfes filtern und bringen die „Küche“, die aus ein paar zusammengezimmerten Brettern und einem Gasherd besteht, auf Vordermann. So richtig sinnvoll ist das eigentlich nicht, denn die Bauarbeiten machen eine Menge Dreck. Ein paar Kekchi-Maya aus der Umgebung sind dabei, die Holzkonstruktion fertigzustellen. Alles in Handarbeit, sie schleppen Bäume jeglicher Länge und Dicke an, behauen sie mit ihren Macheten, bis sie ineinanderpassen, klettern behände hinauf und fixieren alles mit Nägeln. In den nächsten zwei Tagen wird das Palmdach gebaut, oder vielmehr gewebt. Das erfordert mehr manpower, etwa 10 Männer besetzen das Dach und mit einer Art gigantischer Nadel und Schnur werden die Palmblätter Schicht für Schicht angenäht. Die Jüngsten schleppen unerlässlich Unmengen Palmblätter herbei und reichen sie herauf. Dabei schwatzen die Männer unerlässlich, mal auf Spanisch, mal in ihrer Muttersprache Kekchi. Wie die Spatzen auf dem Dach!

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Mitten im Nirgendwo…

…wunderschön am Wasserfall gelegen…

…wird fleißig gebaut

Wie die Spatzen auf dem Dach!

Nachmittags kommen manchmal die Frauen vorbei. Ich habe Josephina angeboten, ihr ein bisschen Englisch beizubringen. Sie hat ein paar Freundinnen mitgebracht, die ganz schüchtern ein paar Meter entfernt warten. So lerne ich ganz nebenbei auch ein paar Brocken Kekchi. Auf dem Grundstück wächst auch die Palme, die ich in Belize als Jippijappa kennengelernt habe. Kaum frage ich danach, finde ich mich mit Josefina, die Hänge hinabkletternd auf der Suche nach den jungen Schösslingen wieder. Sie zeigt mir, wie man sie ernten kann und welchen Teil man zum Kochen verwenden kann. Dann verrät sie mir nicht nur, wie man das Gericht, bestehend aus den köstlichen Palmschösslingen, Zwiebeln, Tomaten und Eiern zubereitet, wir kochen gemeinsam! Vom Ergebnis bekommt jeder einen Happen ab.

Ein paar Tage später haben wir Strom und fließend Wasser. Das Solarpanel ist installiert, der Bach angestaut um eine Wasserpumpe zu betreiben. Das Palmdach ist fertiggestellt, es spendet Schatten, bietet Schutz vor Regen und Schmutz. Eine Zeitenwende!Für mich ist es leider an der Zeit weiterzuziehen, ich bin sehr gespannt, wie dieser Ort später einmal aussehen wird!