Eigentlich wollte ich ja zu Beginn meiner Reise einen Spanischkurs besuchen, dann kam alles anders. In Xela, auf 2.300 Metern Höhe, und genau 4 Monate nach meiner Ankunft in Guatemala werde ich binnen einer Woche mein Spanisch-Kauderwelsch in Ordnung bringen. Eine große Aufgabe, meint meine Lehrerin Karla, aber nicht unmöglich!
Während meines 6-wöchigen Volunteereinsatzes habe ich, dank meiner lieben Zimmergenossin Fernanda, des geduldigen Finca-Personals, zahlreicher Konversationen mit guatemaltekischen Freunden und den Gästen aus ganz Zentralamerika viel gelernt, ich rede was das Zeug hält und verstehe auch viel. Doch nach einer kurzen Analyse von Karla ist klar: Sprachfluss und Aussprache sind gut, doch die Grammatik lässt dann doch zu wünschen übrig. Von der Rechtschreibung mal ganz zu schweigen… Besonders der „accento“ macht mir zu schaffen: como oder cómo, el oder él?!
5 Tage und 5 Stunden. Um acht Uhr morgens geht es los.
Das heißt für mich Schlafmütze früh aufstehen. Um sieben gibt es Frühstück in meiner Gastfamilie, bestehend aus Mama Magda, Papa Eber, Oma Margarita und den beiden Töchtern Alex und Jessica. Sie leben alle zusammen 15 Minuten vom Stadtzentrum entfernt. Was mir zuerst als Eingangsbereich erscheint, entpuppt sich am nächsten Morgen als Garage. Den Weg von meinem Zimmer in die Küche muss ich schlaftrunken um den plötzlich aufgetauchten familieneigenen Wagen herum zurücklegen. Es gibt drei Mahlzeiten am Tag, typische Gerichte. Tortillas stehen immer auf dem Tisch, auch Frijoles und Picante, eine scharfe Sauce, bestehend aus Tomaten, Limone, Koriander, Chili, Zwiebeln und Knoblauch, sowie ein Refresco, mal Papayasaft, mal Horchata, mal Limonade, dürfen bei keiner Mahlzeit fehlen.
Die Tage sind gut gefüllt. Nach dem Unterricht stehen Aktivitäten an, mal schauen wir gemeinsam einen Film über die Geschichte Guatemalas, dann stehen eine Diskussion, ein Salsakurs, ein Ausflug zu den heißen Quellen oder gemeinsames Kochen auf dem Programm. Und abends sind dann ja noch die Hausaufgaben zu machen!!!
Auch die Höhe macht sich bemerkbar, die Luft ist dünner und tagsüber brennt die Sonne erbarmungslos auf auf mich herab, doch sobald sie verschwindet, ist es richtiggehend kalt. Und das, obwohl März und April die wärmsten Monate sind! Das muss der Körper erstmal aushalten. Und… Es ist nie eine gute Idee, beim Nachmittagsspaziergang die Jacke zu vergessen!!
Nach einer Woche bestehe ich meine Feuerprobe mit einem kurzen Vortrag und anschließender Fragerunde. Danach erlebe ich noch ein ganz besonderes Highlight, genannt „Defile“.
Jedes Jahr, genau eine Woche vor Karfreitag, gehen die Studenten der einzigen öffentlichen Universität Guatemalas auf die Straße, um auf Mißstände im Land aufmerksam zu machen. Die Stadt steht still, alle haben sich an den Straßen versammelt um die Parade anzusehen. Korruption, das marode Gesundheitssystem und soziale Ungerechtigkeit stehen ganz oben auf der Tagesordnung. Die Umzüge mit großen Motto-Wagen haben eine lange Tradition und auch blutige Vergangenheit, und obwohl es verboten ist maskiert aufzutreten, ist jeder der Teilnehmer mit Kutte und Kapuze oder Maske verhüllt. In einem Land, in dem die Willkür der Politik manchmal unberechenbar ist, verlangt mir das großen Respekt ab.
Und nun heißt es üben, üben, üben! Na das mach ich doch gerne… :-)