Jetzt geht´s zu den richtig harten Sachen. Ich habe mich nach Orange Walk aufgemacht, um Cuello´s Rum Destillery zu besuchen. Besonders der in Belize einzigartige „Coconut Rum“ hat es mir angetan. Ein süßer 40-Prozenter mit Kokosnussaroma. Mal sehen, was ich herausfinden kann!
Bereits gestern habe ich in Erfahrung gebracht, wie ich zur Fabrik komme. Am Einfachsten wäre es, einen Guide zu buchen – hier werden verschiedene Touren für Touristen angeboten, die auch einen Besuch der Rumfabrik beinhalten. Aber das wäre ja nur der halbe Spaß! Außerdem liegt de Fabrik nur etwa 3 Meilen außerhalb von Orange Walk, das muss doch auch so machbar sein!
Der Bus nach Yo Creek fährt um acht und lässt mich an der Fabrik raus. Laufen ist keine gute Idee, da die Gegend sehr einsam ist, erzählen mir mehrere Frauen. Die Erlaubnis zum Fabrikbesuch habe ich im Büro in der Stadt eingeholt, das sich in der Main Street befindet und durch seine einschlägige Fassade nicht zu verfehlen ist. Ich werde ab acht Uhr erwartet. Also stelle ich mich kurz vor acht an die Straße und warte… Und warte… Eine halbe Stunde später endlich höre ich das Rattern des Busses, der auf mein Zeichen anhält. Man(n) räumt den besten Platz im Bus für mich, nämlich den in der ersten Reihe.
Die Fabrik, bestehend aus ein paar großen Hallen, befindet sich mitten im Nirgendwo, ich werde von einer Bande neugieriger Kühe begrüßt und stelle mit Erstaunen fest, dass sich auf dem Grundstück auch eine Maya-Ruine befindet. Die Älteste von ganz Belize, wie ich später herausfinde.
Nach meiner Anmeldung beginnt auch gleich die Besichtigung, leider darf ich nicht überall Fotos machen. Ich werde von Francisco herumgeführt, es riecht mal nach Alkohol, mal nach Gärprozess. Die Frage, ob er viel Rum trinkt, beantwortet er mit einem kurzen „Ja“ und grinst. Wir stehen in einer großen Halle mit fünf überdimensionalen Fässern, jedes fasst 3000 Gallonen. Hier wird die Molasse angeliefert, in die Fässer gefüllt und fermentiert. Um den Gärprozess zu starten benötigt es Hefe. Nach drei Tagen hat sich der Zucker in Alkohol verwandelt und das Gebräu kann destilliert werden.
Dafür wird es in einen schmalen hohen Tank gepumpt, der mit Wasserdampf erhitzt wird. Über einen Schlauch fließt der reine Alkohol in den nächsten Tank. Der Alkoholgehalt beträgt jetzt etwa 98%, doch es sind noch Fuselstoffe enthalten. Der Rum besteht aus „Head“, „Body“ und „Tail“, trinken will man nur den Zweiten. Wie hoch die Ausbeute ist, hängt von der Qualität und dem Zuckergehalt der Molasse ab. Da die Raffinerien die A-Qualität für die Zuckergewinnung nutzen, wird hier B- und C-Qualität für die Rumherstellung verwendet.
Der Head, der leichter ist als „Body“ und „Tail“, lagert sich im oberen Teil des Tanks ab. So kann man die unteren beiden Teile in den nächsten Tank leiten, wo wiederum der „Body“ leichter ist als der „Tail“ und durch Überlaufen in den für die Produktion bestimmten Tank geleitet werden kann. Diese Rohmasse wird für die Produktion aller neun hier produzierten Sorten verwendet. Doch die Rezepte sind ein Familiengeheimnis, nicht einmal die Mitarbeiter kennen sie. So wird die Herstellung des Kokosnuss-Rums auch für mich ein Mysterium bleiben.
Heute wird der klassische Rum abgefüllt, er hat eine goldene Farbe und Augenzeugen (oder sollte ich sagen „Mundzeugen“?) zufolge ist er ziemlich lecker. Die Abfüllung erfolgt fast automatisch, die Flaschen werden gespült, die Verschlusskappen aufgesetzt und dann festgedrückt, dann folgt die Etikettierung. Zum Schluss noch einmal eine visueller Test, bevor die Flaschen im Karton landen.
Zum Abschied gibt es noch einen Kalender und eine ganze Flasche des leckeren Gesöffs – vielen Dank!!!!
So ausgestattet mache ich mich auf den Weg zur Ruine, die sich nur ein paar Meter von der Fabrik entfernt befindet. Auf dem Weg dorthin treffe ich zwei junge Männer zu Pferde auf dem Weg zur Arbeit. Was für ein Leben! Die Ruine teile ich mir mit einem Leguanpärchen, das jedesmal panisch verschwindet, sobald ich mich mit dem Fotoapparat nähere.
Der Rückweg entpuppt sich als nicht ganz so einfach, an mehreren Stellen habe ich mich versichert, dass der Bus in die Gegenrichtung um 11 Uhr die Fabrik passiert, also stelle ich mich – typisch deutsch – gegen halb elf an die Straße. Doch es passiert nichts, die Mittagssonne brennt erbarmungslos auf mich herab und gegen zwölf ist auch das letzte bisschen Schatten verschwunden. Da bin ich froh über die alternative Nutzung des Kalenders als Sonnensegel. Zum Glück erscheinen bald darauf ein paar Fabrikmitarbeiter auf dem Weg in die Mittagspause, die mich das Stück in die Stadt im Auto mitnehmen.
Und alles wurde gut! :-)