Die Schokoladenseite von Belize

Ausblick in San Pedro Columbia

Ausblick in San Pedro Columbia

Die letzten Tage habe ich in einem kleinen Maya-Dörfchen im abgelegenen Süden von Belize verbracht. Eine Kakao-Farm war mein Ziel. In dem Moment als ich ankam, palmbedeckte Hütten auf einem Berg, ein Flüsschen inmitten smaragdgrüner Wälder, Ausblick auf das angrenzende Reservat, war es um mich geschehen. Und das war erst der Anfang… 

Verglichen mit Guatemala verläuft die Busfahrt von Punta Gorda nach San Pedro Columbia relaxt und zivilisiert. Auch hier verkehren die ausrangierten US-Schulbusse, doch auf Latino-Pop folgen lässige Reggae-Rhytmen und die Sitze sind hier wirklich nur für zwei Personen gedacht. Es kommt niemand auf die Idee, eine dritte Person hinzuquetschen, stattdessen steht man hier im Gang. Für Frauen mit Kind und Ältere räumt man hier den Platz.

Nach nur einer Stunde Fahrt springe ich auf die staubige Straße, schultere meinen Rucksack und weiter geht’s zu Fuß. Meine Unterkunft ist schnell gefunden. Ich wohne bei den Besitzern einer Kakao-Farm, deren Hütte steht am höchsten Punkt des Dorfes und hält eine atemberaubende Aussicht auf die umliegenden Berge bereit.

Goldene Stunde

Goldene Stunde

Die schönste Stunde des Tages hat geschlagen und hüllt die Szenerie in sanft goldenes Licht. Ich werde von Feliciano und seinem Vater Eladio herzlich empfangen. Sofort fühle ich mich willkommen, und während ich mich auf einen kleinen Spaziergang zum Fluss aufmache, bereitet Mama Virginia schon das Abendessen für alle zu. Für mich gibt es Kakao, eine mit Wasser aufgegossene Paste aus frisch gerösteten und gemahlenen Kakaobohnen, und Tamales, in Bananenblättern gegarter Maisbrei. Die Sonne verabschiedet sich hinter den Bergen am Horizont, nicht ohne ein Farbspektakel zu hinterlassen, und um sechs Uhr ist es bereits dunkel. Eingehüllt von den Geräuschen des Dschungels, von der gegenüberliegenden Seite des Berges schallen die knorrigen Rufe von Brüllaffen und überall zirpen die Zikaden, sitzen wir im Freien und haben nichts weiter zu tun, als uns gemütlich zu unterhalten. Ich lerne „danke“ in den Maya-Sprachen Kekchi und Mopan: toch hok re, bo tik, bantiosh (Lautsprache!) und von weiter unten schallt ein musikalischer Gottesdienst zu uns herauf.

Besuch der Kakaoplantage

Feliciano Pop zeigt mir die Kakaoplantage

Am nächsten Morgen geht es nach einem Frühstück, bestehend aus gedünstetem Kohl und Tomaten mit Tortillas und natürlich dem traditionellen Kakao-Drink, zur Farm. Hier zeigt mir Feliciano, wie seine Familie Kakao anbaut. Papa Eladio hat sein umfangreiches Wissen über die Natur an seine Kinder weitergegeben und ohne große Wissenschaft weiß man hier um die Wichtigkeit Erhaltung der ursprünglichen Kakao-Arten und negative Folgen von Monokulturen. Später erfahre ich das Geheimnis der Schokoladenherstellung, welche mit dem, was wir in Deutschland kaufen können, absolut gar nichts zu tun hat. Ich wünschte, jeder von euch könnte einmal die Paste aus frisch gerösteten Kakao-Bohnen, Grundlage aller Schokolade, kosten! Mehr dazu in meinem umfangreichen Bericht über Schokolade!

Ein idyllisches Örtchen zum Waschen!

Ein idyllisches Örtchen zum Waschen!

Meine Wäsche wasche ich heute im Fluss, zusammen mit einigen Maya-Frauen, ein paar Kaulquappen und der kleinen June, die mich nach anfänglichem Zögern neugierig begleitet. Sie ist eine der Enkelinnen. Hier sind die Familienbande stark. Eladio und seine Frau haben 15 Kinder, das Jüngste etwa im selben Alter wie deren Enkelkinder. June findet auch großen Gefallen an meiner Handykamera, was der Mutter weniger gefällt, mir aber ein paar unvergessliche Momente bildlich festhält.

Runde Tempelecken gibt es nur hier in Lubantuun

Runde Tempelecken gibt es nur hier in Lubantuun

Nachmittags mache ich noch einen kleinen Ausflug nach Lubantuun, einer Maya-Ruine, nur eine halbe Stunde zu Fuß entfernt. Nicht halb so imposant wie Tikal bestechen die ehemaligen Ausgrabungsstätten in Belize eher durch ihrem korrekt geschnittenen Rasen – vielleicht das Erbe der britischen Kolonisation – und ein sehr aufgeräumtes Gesamtbild. Lubantuun ist bekannt für einen Schädel aus Kristall, der hier gefunden wurde und die einzigartig abgerundeten Tempelecken. Zurücknehmen wir den „Shortcut“ durch den Dschungel, welchen uns einer der Wärter verrät. Sein täglicher Heimweg. Die Flußüberquerung lässt sich wunderbar mit einem Bad im schlumpfblauen Flussbett kombinieren. Herrlich erfrischend!

Abends wird gemeinsam gekocht, ich mache mit Virginia und der 16-jährigen Melanie Tortillas. Meine Teigfladen kann ich niemandem zumuten, trotzdem werde ich für meine Fingerfertigkeit gelobt. Es gibt ein Gericht aus den gekochten Schösslingen der Jippi-Jappa-Palme. Sie kommt mir aus dem Wohnzimmer bekannt vor… Und dann aber mal ab ins Bett, es geht morgen früh raus!

Hier wächst Vanille

Hier wächst Vanille

Um genau zu sein um halb sieben, denn um 8 Uhr verlässt der letzte Bus das Dorf. Vorher laufe ich aber noch schnell mit Handtuch und Seife bewaffnet runter an den Fluss zum Baden, denn heute Morgen gibt es kein fließendes Wasser. Zum Früstück gibt es frittierte Kochbananen und Ingwertee und dann geht es auch schon los nach Golden Stream. Hier besuche ich eine Gewürzplantage und sehe zum ersten Mal im Leben wo der Pfeffer wächst, wie aufwändig Vanille verarbeitet wird, wie wunderschön Muskatnüsse aussehen und dass Kardomom zu den Ingwergewächsen gehört. Diese Fülle an Informationen will verdaut werden, also entschließe ich mich in das 20 Minuten entfernte Örtchen zu laufen und ein Bad im nahegelegenen Fluss zu nehmen.

Nach dem gemeinsamen Abenteuer

Nach dem gemeinsamen Abenteuer

Dort angekommen, frage ich  ein Mädchen, wie ich zum Fluss komme. Schüchtern bietet sie mir an, mich zu begleiten. Die ersten Minuten verlaufen recht wortkarg, doch dann kommt Verstärkung durch eine Freundin und den Bruder und ehe ich mich versehe, laufen wir gemeinsam zur Quelle des Flusses. „It´s right here“ bedeutet, dass wir erst den Fluss auf einem morschen Baumstamm überqueren und dann in den Dschungel vorstoßen. Der Pfad ist immerhin etwas ausgetreten, also mache ich mir keine Gedanken, dass wir immer tiefer in den Wald laufen. Und tatsächlich, ganz versteckt entspringt der Fluss sprudelnd aus insgesamt sechs Quellen der Erde. Beim gemeinsamen Baden im Fluss verschwinden dann alle Vorbehalte, wir schwimmen und tauchen gemeinsam, die Kinder zeigen stolz einen Handstand und machen Rollen unter Wasser. Baumstämme werden zu Sprungtürmen und ein zerbrochenes Kanu dient als Floß. Zitternd klettern wir irgendwann aus dem Wasser und ich mache ich auf den Rückweg. Diesen lege ich zu großen Teilen zu Fuß zurück, weil ich nicht auf den Bus warten will, und bin gegen fünf Uhr zurück im Dorf und bereit für einen Mittagsschlaf.

Ein letztes gemeinsames Abendessen und Zeit etwas Neues zu lernen: „Ich gehe jetzt. La in schique.“

Es war wunderschön, toch hok re!

Die Küch auch hier der wichtigste Treffpunkt für die ganze Familie

Die Küche auch hier der wichtigste Treffpunkt für die ganze Familie

June hat Spaß hinter der Kamera...

June hat Spaß hinter der Kamera…

--- und auch davor!

— und auch davor!

Jippi Jappa ist ebenso dekorativ wie schmackhaft

Jippi Jappa ist ebenso dekorativ wie schmackhaft

Suche nach den Quellen in Golden Stream

Suche nach den Quellen in Golden Stream